Staatssekretärin Dr. Ophelia Nick zu Gast bei den Young Fishermen
Am 08.03.2024 besuchte die Grünen-Bundestagsabgeordnete und parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft Dr. Ophelia Nick den Landkreis Tirschenreuth, um sich ein genaueres Bild von der Teichwirtschaft vor Ort sowie einerseits über die regionalen als auch überregional Themen der Teichwirte zu informieren. Begleitet wurde Sie durch die Oberpfälzer Bundestagsabgeordnete Tina Winklmann und die Landtagsabgeordnete Laura Weber. Ebenso waren die B90/ Die Grünen Ortsgruppen Tirschenreuth und Schwandorf vertreten.
Der Termin begann am Kornthaner Weiher, wo Herr Stephan Stock vom ansässigen Fischereibetrieb Stock einen umfassenden Einblick in die jahrhundertealte Tradition der Teichwirtschaft gab. Dabei wurden nicht nur die Entstehungsgeschichte dieser Praxis in der Region, insbesondere in Kornthan, beleuchtet, sondern auch die arbeitsintensive und zeitaufwändige Aufzucht des beliebten Speisefisches von mindestens 3 Jahren sowie das ideale Platzangebot für die Karpfen in den weitläufigen Teichen im Sinne einer extensiven Bewirtschaftung erläutert. Ophelia Nick würdigte diese Bemühungen mit anerkennenden Worten.
Bei einer anschließenden Ortsbegehung durch das Gebiet um den Wirlerteich bei Muckenthal wurde die Relevanz der Teichgebiete für den zunehmend wichtigen Wasserrückhalt in der Landschaft sowie deren Rolle als Biotopflächen deutlich. Unter der fachkundigen Führung von Lena Bächer, Mitglied der YFM und selbst engagierte Teichwirtin, wurden die vielfältigen Ökosystemdienstleistungen der Teiche hervorgehoben. Diese umfassen unter anderem die Schaffung wertvoller Habitate für Insekten und Amphibien, den Wasserrückhalt und den Sediment- und Nährstoffrückhalt. Besorgniserregend ist jedoch die Tendenz, dass im letzten Jahrhundert 50 bis 90 % der Teichflächen in europäischen Ländern verloren gegangen sind. Ein Resultat der zahlreichen Problemstellungen, die sich die Karpfenteichwirtschaft gegenübersieht. Es wurde betont, dass gerade durch die traditionell extensive Bewirtschaftung der Teiche eine Biodiversität erhalten bleibt, die seltenen Arten wie dem Moorfrosch ein geeignetes Biotop bietet. Ein offenes Gespräch verdeutlichte die Folgen, wenn Teichflächen nicht mehr bewirtschaftet werden und wertvolle Biotopflächen verloren gehen.
Die YFM verdeutlichten die Dringlichkeit für eine Regionalisierung der Schutzbestimmungen bestimmter Prädatoren. Es wurde betont, dass bis zur Herstellung eines bundesweit guten Erhaltungszustands des Fischotters, weitere Teichwirte aufgeben und weitere Teichflächen verloren gehen werden. Untersuchungen der Universität Graz zeigen deutlich, dass innerhalb von Teichgebieten unnatürlich hohe Fischotterbestände vorkommen.
Die Politik bzw. die Gesellschaft muss im Einklang mit der Teichwirtschaft die Entscheidung treffen, ob Teiche mit all ihren Ökosystemdienstleistungen erhalten werden sollen oder ob die Teichwirtschaft für den Schutz einer Art geopfert wird. Ein fischfreier Teich führt zur Verschlechterung des ökologischen Zustands und wird verlanden.
Die Schäden der immer noch ungeregelten Prädationsproblematik tragen hauptsächlich die Teichwirte. Ein wirtschaftlicher Ertrag ist ein Muss für die zukünftige Weiterbewirtschaftung.
Im weiteren Verlauf des Gespräches und inspiriert durch die Fischköstlichkeiten des Fischstüberl Bächer, wurde die Bedeutung des Karpfens als regionales und nachhaltiges Lebensmittel verdeutlicht. Bis 2030 sollen in Deutschland 30 % der Flächen biologisch bewirtschaftet werden. Bei der Karpfenteichwirtschaft sind momentan circa 1 % der Betriebe als Bio gekennzeichnet. Ein Flaschenhals für eine zukunftsorientierte Ausrichtung der Karpfenteichwirtschaft spielt dabei die Verfügbarkeit von bio-zertifizierten Setzlingen. Hier muss auf EU-Ebene auf eine Ausnahmegenehmigung hingewirkt werden, damit konventionelle Setzlinge genutzt werden können. Diese muss so lange gelten bis ausreichend Bio-Setzlinge vorhanden sind. Ist diese Engstelle überwunden, so kann man die Karpfenteichwirtschaft ohne Probleme auf eine ökologische Bewirtschaftung umstellen. Bei der Förderung sollte man sich an anderen Dauerkulturen (z.B. Heidelbeere) orientieren.
Ophelia Nick betonte die zentrale Rolle der Außerhausverpflegung durch Mensen und Kantinen und forderte eine Erhöhung des Anteils regionaler und ökologischer Erzeugnisse bis 2025. Dies könnte zu Multiplikationseffekten für andere Lebensmittelbranchen führen und die Bereitschaft der Gesellschaft fördern, regionale, nachhaltige und ökologische Produkte zu konsumieren.
Abschließend wurde das kürzlich beschlossene europäische Nature Restoration Law diskutiert und dessen potenzielle Auswirkungen auf die Teichwirtschaft und FFH-Gebiete erörtert. Die Befürchtung besteht, dass bestehende FFH-Gebiete aus der Bewirtschaftung genommen werden müssten, was dem Erhalt der Biotopflächen entgegensteht.
Der Besuch von Ophelia Nick war geprägt von einem fachlich fundierten Austausch und einem gemeinsamen Interesse, die Teichwirtschaft in ihrer jetzigen Form zu erhalten. Es bedarf praxisnaher, fachlich neutraler und regional spezifischer Lösungsansätze, um den zahlreichen Herausforderungen der Branche zu begegnen und Zielkonflikte auf neutrale Weise zu diskutieren und zu lösen. Die gesellschaftliche Anerkennung und Wertschätzung der Teichwirtschaft spielen dabei eine fundamentale Rolle und beeinflussen die Bereitschaft junger Teichwirte, bestehende Betriebe zu übernehmen oder neue zu gründen.